von Rechtsanwältin Helga Dubberstein
26. März 2011
Karla hat seit ihrem 13. Lebensjahr Gefälligkeits halber erfolgreich Nachhilfeunter-
richt bei ihrem Mitschülern gegeben und in der Nachbarschaft zuverlässig leichte
Einkäufe für ältere Leute erledigt.
Mit ihrem 14. Lebensjahr beschließt sie, sich mit diesen Leistungen selbständig zu
machen.
Ihre Eltern als ihre gesetzlichen Vertreter ermächtigen Karla mit Genehmigung des
Familiengerichts hierzu.
Als Karla mit der Nachbarin Frau Müller, die über wenig Geld verfügt, einen Vertrag
dahingehend schließt, dass diese für die wöchentlichen Einkäufe nur 10,00 € pro
Monat zahlen muss, schaltet sich der Vater von Karla in diese Geschäftsbeziehung
ein und verlangt stattdessen, dass die Nachbarin 20,00 € pro Monat zahlt oder die
Dienstleistung durch seine Tochter Karla eingestellt wird.
Die Nachbarin und auch Karla widersprechen dem mit Hinweis auf den bereits ge-
schlossenen Vertrag.
Über das Verhalten von Karla erbost, zieht der Vater von Karla die Ermächtigung
für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit für Karla zurück.
Hilfsweise beruft er sich darauf, dass Karla, da sie erst 14 ist, gar keiner selbstän-
digen Erwerbstätigkeit nachgehen darf.
Karla ist der Auffassung, dass er dies nicht so ohne weiteres kann.
Wie ist hier die Rechtslage?
Antwort:
Da Karla erst 14 Jahre alt und damit noch minderjährig ist, gelten hier beson-
dere Regelungen.
Nach § 112 Abs. 1 BGB ist es zunächst zulässig, dass Karla als Minderjährige selb-
ständig ein Erwerbsgeschäft betreibt, wenn - wie hier geschehen - die Eltern als
gesetzliche Vertreter sie hierzu mit Genehmigung des Familiengericht hierzu er-
mächtigt haben.
Ferner handelt es sich um eine Tätigkeit, die als nichtselbständige Tätigkeit unter
Kinderarbeitsschutzgesichtspunkten nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 Buchstaben d) und
f) der Kinderarbeitsschutzverordnung für Kinder über 13 Jahren zulässig ist, so
dass auch die Art der ausgeübten Tätigkeiten in analoger Anwendung dieser
Vorschrift keiner Bedenken begegnet.
Aufgrund der Ermächtigung der Eltern der Karla (gesetzliche Vertreter von Karla)
ist Karla gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für solche Rechtsgeschäfte, die
dieser Geschäftsbetrieb mit sich bringt, uneingeschränkt geschäftsfähig.
Dies bedeutet, dass die vereinbarte Dienstleistung “wöchentliches Einkaufen” zu
10,00 € pro Monat trotz des entgegenstenden geäußerten Willen des Vaters als
gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Karla wirksam und bindend ist.
Gemäß § 112 Abs. 2 BGB bedarf auch das Zurückziehen der Ermächtigung der
Genehmigung des Familiengerichts, so dass die minderjährige Karla auch zu-
künftig ihrer selbständigen Tätigkeit nachgehen kann.
Denn mangels eingeholter Genehmigung des Familiengerichts ist das Zurückzie-
hen der Ermächtigung durch den Vater als gesetzlichen Vertreter ohne jede
rechtliche Auswirkung.
Da der Sachverhalt auch nicht darauf schließen, dass die Entscheidung der minder-
jährigen Karla auf eine mangelhafte Urteilsfähigkeit bezüglich der von ihr
ausgeübten Tätigkeit beruht, ist nicht damit zu rechnen, dass das Familiengericht
hier seine Genehmigung zum Zurückziehen der Ermächtigung erteilen wird.
Denn grundsätzlich ist ein reduzierter Preis aufgrund eines wirtschaftlichen Eng-
passes eines Kunden nicht unsachgemäß. Hier bedürfte es schon mehr als eines
Einzelfalles und konkreter Umstände, die die Wirtschaftlichkeit des selbständigen
Betriebes der minderjährigen Karla oder deren besonderen Schutzbereich als
Minderjährige beeinträchtigen.
In der nächsten Folge aus besonderem Anlass:
vertretenden Rechtsanwälte möglicherweise strafbar?
Oder auch einfach nur:
“Vermeintlich illegale Down- und Uploads als neue Geschäftsidee des
Urheberrechteinhabers mit strafrechtlichen Tücken?”
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